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2016/03/13
Sieben Fragen an Cédric Özazman - Wir sehen europäische Aktien nicht mehr positiv

1. In welcher Verfassung ist die europäische Wirtschaft? Sie ist gegenüber der Abschwächung des globalen Wachstums nicht immun. Die Schwellenländer haben im Vergleich zu früher an Dynamik eingebüsst. Das hat unter anderem auch zur Folge, dass die Wirtschaftszahlen in Europa nicht sonderlich gut sind.

2. Ist es nicht so, dass trotzdem viele Anleger europäische Aktien den amerikanischen vorziehen? Im vergangenen Jahr waren die Summen, die in europäische Aktien flossen, tatsächlich sehr gross. Auch US-Anleger engagierten sich stark in Europa. Begründet wurde diese Bevorzugung damit, dass die USA schon näher am Ende des Wirtschaftszyklus stehen als Europa. Der schwache Euro sollte zudem die Firmengewinne beflügeln, so lautete die Annahme. Tatsächlich sanken diese in Europa 2015 im Durchschnitt aber um 2%. Wir sehen EU-Aktien nicht mehr positiv, sondern nur noch neutral.

3. Erholt sich die europäische Wirtschaft nicht – wenn auch langsam? Der europäische Aktienmarkt ist viel schwankungsanfälliger als der amerikanische. Dies muss man in die Beurteilung von Rendite und Risiko einbeziehen. Die politischen Risiken werden ausserdem immer bedeutender. In Spanien herrscht Unsicherheit, in Portugal ebenfalls, in Frankreich stehen 2017 Wahlen an. Angela Merkel, die in Europa den Ton angibt, steht wegen der Flüchtlingskrise zunehmend in der Kritik. Ein möglicher Brexit sorgt ebenfalls für Unruhe.

4. Sorgen wenigstens die Konsumenten für positive Impulse? In Deutschland stimmt das. Dort ist die Arbeitslosigkeit tief und die Konsumentenstimmung nicht schlecht. Ganz generell verbessern sich die Arbeitslosenzahlen auf dem ganzen Kontinent. Sie sind aber in vielen Ländern, wie beispielsweise Spanien, immer noch sehr hoch. Das hemmt den Konsum.

5. Welche Unternehmen in Europa können vor diesem Hintergrund positiv abschneiden?

Wir haben uns in diesem Jahr vermehrt einem Value-Stil verschrieben und suchen nach unterbewerteten Aktien. Wir denken beispielsweise, dass es wieder Zeit ist, in Ölkonzerne zu investieren. Diese sind ausserdem sehr gut in das Jahr 2016 gestartet. Wir sehen uns grosse Unternehmen wie Eni, Total, Royal Dutch oder BP an. Um bereits wieder in den sehr günstig bewerteten Bergbau- und Materialiensektor einzusteigen, scheint es uns allerdings noch zu früh zu sein.

6. Wo investieren Sie in Deutschland?

Ein Beispiel ist ProSiebenSat.1Media, ein Unternehmen mit guten Resultaten, das eine hohe Dividende bezahlt. Es ist eine rein auf den Heimmarkt ausgerichtete Firma, die nicht von den Wirren in den Schwellenländern beeinflusst wird. Sie investiert im Internetgeschäft und reduziert damit ihre Abhängigkeit von Fernsehwerbung. Solche Qualitätstitel sind allerdings nicht günstig.

7. Was gefällt Ihnen in anderen Ländern?

In der Schweiz investieren wir in Nestlé, Novartis und Roche. In Frankreich bevorzugen wir Firmen, die auf den Weltmarkt ausgerichtet sind, nicht auf den Heimmarkt, wie etwa L’Oréal und LVMH.